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Malina Raßfeld

Wann wurden Sie zum ersten Mal in Ihrem Leben durch (Musik)Theater verzaubert? Und wodurch?

Mit dem Musiktheater bin ich erst nach der Schule, während meines Bühnenbildstudiums in Hannover, in Berührung gekommen. Es muss ungefähr im Jahr 2012 gewesen sein, als ich dort La Traviata von Benedict von Peter gesehen habe. Ich war Anfang zwanzig, hatte bis vor kurzem noch in einem kleinen Dorf in Niedersachsen gewohnt und war wahnsinnig beeindruckt von der Wucht der Musik, der Größe des Raumes und vor allem von der großartigen Hauptdarstellerin.

Nicole Chevalier spielt die gesamte Oper als Soloperformance im Liebeswahn, allein auf der Vorbühne, während das Orchester auf der Bühne platziert ist und alle anderen Figuren zwischen den Zuschauer:innen im Saal sitzen. Für mich als junge Bühnenbildstudentin war diese Anordnung wahrscheinlich auch prägend darin, wie ich über den Theaterraum denke – nämlich Bühne und Zuschauerraum als wechselseitiges Spannungsfeld begreifend, in dem es nicht nur die eine Senderichtung von Darstellenden zu Zusehenden gibt, sondern auch andersherum.

Warum singen die Leute und warum sprechen sie nicht?

Weil sie es können. Im Ernst, wenn ich so singen könnte, würde ich den ganzen Tag nichts anderes machen und wäre wahrscheinlich permanent von der Schönheit meines eigenen Gesanges ergriffen. Und darin liegt wohl auch die eigentliche Antwort auf diese Frage: Gesungene Sprache ist vielleicht nicht unbedingt die Sprache der Argumente, aber sie vermag es viel unmittelbarer Emotionen zu evozieren. Außerdem finde ich den, dem Gesang immanenten Antirealismus auch künstlerisch reizvoll, da er dazu einlädt freie oder experimentellere Inszenierungs- und Konzeptionsansätze zu finden.

Welche Rolle kann/soll Musiktheater in der heutigen Gesellschaft einnehmen?

Zuerst einmal finde ich, dass Können und Sollen zwei völlig unterschiedliche Fragen sind. Natürlich kann ich mir jetzt schöne Utopien ausdenken und von Katalysatoren und Brenngläsern erzählen, aber solange Oper nur in einer bildungsbürgerlich/elitären Blase stattfindet, wird sie nicht zum Ort der Revolution. Und das ist vielleicht auch okay so. Was mich daran aber ärgert ist, dass die Hemmschwelle in die Oper zu gehen so hoch ist, höher noch als beim Sprechtheater. Es ist teuer, alle sind schick angezogen, man denkt man muss sich mit klassischer Musik auskennen. Muss man nicht und man muss auch grundsätzlich im Theater erst einmal nichts verstehen. Gerade Musiktheater mit seinem emotionalen Überwältigungspotential, bietet da eine ganz unmittelbare Art anzudocken.

Wenn es um die programmatische Ausrichtung geht, finde ich sollte jedes Theaterhaus erst einmal hinter der Bühne anfangen, bevor es versucht ein gesellschaftlich relevantes Musiktheater auf die Bühne zu stellen. Da lügen sich einige Häuser in die eigene Tasche. Opernhäuser müssen sich auch strukturell als Betriebe weiterentwickeln, um zukunftsfähig und gesellschaftlich relevant zu sein. Sie müssen weniger hierarchisch und nachhaltiger werden und das Arbeitsklima inklusiv, divers, feministisch und familienfreundlich gestalten. Erfreulicherweise öffnen sich einige Opernhäuser vermehrt für diese inneren Prozesse, die unabdingbar sind, um auch nach außen eine gesamtgesellschaftliche Strahlkraft zu entwickeln.

 

Geboren in

Georgsmarienhütte (Deutschland)

Ausbildung

B. A. Szenografie-Kostüm Hochschule Hannover Studienschwerpunkt Szenografie, M. F. A. Freie Kunst Studienschwerpunkt Bühnenraum

Wichtige Engagements

Il barbiere di Siviglia an der Deutschen Oper am Rhein, Zwei Stunden nach Mitternacht am Theater in der Marzipanfabrik Hamburg, Two Bobs and a Steve am Kampnagel Hamburg, Simplicius Simplicissimus am Forum HFMT Hamburg, Von den Beinen zu kurz am Kampnagel Hamburg

Debüt an der Volksoper Wien

Bühnenbildnerin bei Die Dreigroschenoper (Saison 2022/23)

Website

https://malinarassfeld.tumblr.com/


* Verwendung der Fotografie nur für Zwecke der aktuellen Berichterstattung über die Volksoper Wien